
Das Erzgebirge hat sich in den letzten Jahren still und heimlich zur E-Bike-Region entwickelt. Kein Wunder – die Gegend bietet genau das, was Familien mit Kindern brauchen: überschaubare Anstiege, die der Motor wegbügelt, gut ausgebaute Radwege und alle paar Kilometer eine Einkehrmöglichkeit. Anders als in den Alpen gibt es hier keine brutalen Rampen mit 18 Prozent Steigung, sondern moderate Hügel, die sich mit elektrischer Unterstützung angenehm fahren lassen.
Was folgt, sind fünf konkrete Touren mit echten Kilometerangaben, Höhenmetern und den Stellen, wo man realistischerweise eine Pause macht. Keine theoretischen Idealrouten, sondern Strecken, die auch mit einem Achtjährigen auf dem Kinderanhänger funktionieren.
Annaberg-Buchholz nach Oberwiesenthal: Der Klassiker mit Aussicht
Start ist am Parkplatz Geyersdorfer Straße in Annaberg-Buchholz – da stehen etwa 50 Stellplätze, kostenlos, und in 200 Metern gibt es einen Bäcker für Proviant. Die Strecke führt zunächst durch Annaberg, dann auf dem ausgeschilderten Radweg Richtung Gebirge. Insgesamt 28 Kilometer, 420 Höhenmeter rauf, 180 runter. Klingt sportlich, fühlt sich mit E-Motor aber moderat an.
Die ersten 8 Kilometer sind fast eben, entlang der alten Bahntrasse. Hier können Kinder problemlos nebenher fahren, der Weg ist asphaltiert und breit genug für Gegenverkehr. Bei Kilometer 9 kommt der erste richtige Anstieg – etwa 3 Kilometer mit durchschnittlich 5 Prozent Steigung. Ohne Motor anstrengend, mit Motor im mittleren Modus machbar. Die Strecke führt durch Wald, im Sommer angenehm schattig.
Nach etwa 16 Kilometern liegt Bärenstein, und hier lohnt die erste richtige Pause. Die Gaststätte "Zum Geyerschen Wald" hat einen Spielplatz direkt nebenan – wichtig, wenn die Kinder schon unruhig werden. Ein Schnitzel kostet hier 11,50 Euro, Pommes 3,80 Euro, und die Portionen sind ordentlich. Von Bärenstein sind es noch 12 Kilometer nach Oberwiesenthal, die letzten 4 Kilometer mit nochmal 180 Höhenmetern. Am Fichtelberg angekommen hat man dann das Gefühl, etwas geschafft zu haben.
Zurück geht es entweder mit der Fichtelbergbahn – die nimmt Räder mit, kostet aber 8 Euro Aufpreis pro Rad – oder die gleiche Strecke zurück. Bergab braucht man etwa 1,5 Stunden weniger als bergauf. Gesamtzeit mit Pausen: 4 bis 5 Stunden. Wer in der Region unterwegs ist und noch Inspiration für weitere Touren oder andere Aktivitäten sucht, findet Anregungen unter bergmann-bikeout.de oder bei ähnlichen Anbietern, die sich auf die Region spezialisiert haben.
Marienberg-Rundtour: Für Einsteiger perfekt
Diese Tour ist bewusst kurz gehalten – 18 Kilometer, 240 Höhenmeter, keine steilen Rampen. Start am Aqua Marien in Marienberg, wo es ausreichend Parkplätze gibt und saubere Toiletten. Die Route führt zunächst nach Pobershau, einem kleinen Ort, der für sein Spielzeugmuseum bekannt ist. Etwa 6 Kilometer auf asphaltiertem Radweg, kaum Verkehr.
In Pobershau lohnt ein Abstecher zum Museum – kostet 4 Euro Eintritt pro Erwachsenen, Kinder bis 14 Jahre frei. Dauert etwa 30-40 Minuten, wenn man nicht jeden Winkel erkundet. Von dort geht es weiter nach Satzung, wieder 5 Kilometer auf gut ausgebautem Weg. Hier gibt es die Bäckerei Schmidt, die legendäre Quarkbällchen macht – 1,20 Euro pro Stück, und sie sind so groß wie eine Faust.
Der Rückweg nach Marienberg führt über Lauterbach, insgesamt 7 Kilometer. Hier kommt der einzige nennenswerte Anstieg – etwa 120 Höhenmeter auf 2 Kilometern. Mit E-Unterstützung ist das in 15 Minuten erledigt. Gesamtzeit für die Tour: 2,5 bis 3 Stunden inklusive Pausen. Ideal für Familien, die das erste Mal mit E-Bikes unterwegs sind und nicht übertreiben wollen.
Schwarzenberg-Rundkurs: Geschichte trifft Natur
Schwarzenberg ist eine der schönsten Altstädte im Erzgebirge, und die Rundtour startet direkt am Schlossberg-Parkplatz. Von dort führt die Route zunächst in Richtung Pöhla – 11 Kilometer auf asphaltiertem Radweg entlang der alten Eisenbahnlinie. Das Besondere: Die Strecke ist fast komplett eben, perfekt für gemütliches Dahingleiten. In Pöhla liegt das Bergbaumuseum, das tatsächlich interessant ist, auch für Kinder ab etwa 7 Jahren. Führungen dauern 45 Minuten und kosten 6 Euro pro Person.
Von Pöhla geht es weiter nach Grünstädtel – 8 Kilometer mit moderaten 180 Höhenmetern. Die Strecke führt durch Wald und offene Felder, im Frühsommer blüht hier alles. In Grünstädtel gibt es die Gaststätte "Waldschänke", wo man gut einkehren kann. Ein Tipp: Die hausgemachte Kartoffelsuppe für 4,80 Euro ist reichhaltig und reicht locker für zwei Kinder.
Der Rückweg nach Schwarzenberg – nochmal 9 Kilometer – ist größtenteils bergab, was angenehm ist. Gesamtstrecke: 28 Kilometer, 320 Höhenmeter, etwa 3,5 bis 4 Stunden mit Pausen. Die Tour lässt sich gut mit einem Stadtbummel in Schwarzenberg kombinieren, das Schloss kann besichtigt werden. Die gesamte Region profitiert von einem gut ausgebauten Tourismus-Netzwerk, wie ihn die offizielle Erzgebirge-Tourismusseite dokumentiert.
Seiffen-Deutschneudorf: Spielzeugdorf-Charme
Seiffen ist weltberühmt für Holzspielzeug und Weihnachtsdeko, und die Tour von Seiffen nach Deutschneudorf und zurück ist technisch einfach, landschaftlich aber reizvoll. Start am großen Parkplatz an der Talsperre Seiffen – hier stehen locker 100 Autos, auch an Wochenenden gibt es Platz. Die ersten 5 Kilometer führen entlang der Talsperre, flach und breit. Kinder können hier frei fahren, der Weg ist vom Autoverkehr getrennt.
Bei Kilometer 6 kommt ein Anstieg – etwa 160 Höhenmeter auf 3 Kilometern. Nicht brutal, aber spürbar. Oben angekommen liegt Deutschneudorf, ein verschlafenes Dorf mit einer überraschend guten Eisdiele. Zwei Kugeln kosten hier 2,20 Euro, und die Portionen sind großzügig. Von Deutschneudorf geht es über Neuhausen zurück – insgesamt 22 Kilometer, 280 Höhenmeter, etwa 3 Stunden reine Fahrtzeit.
Ein Highlight der Strecke: Bei Kilometer 14 liegt die Sommerrodelbahn Altenberg, die meist von März bis November geöffnet hat. Eine Fahrt kostet 4 Euro, und wer hier nicht anhält, verpasst was. Die Kinder werden es einfordern. Gesamtzeit mit Rodelbahn-Pause: 4 bis 5 Stunden. Die Strecke ist auch für jüngere Kinder ab etwa 6 Jahren geeignet, vorausgesetzt, sie fahren sicher Rad.
Altenberg-Rundweg: Der sportliche Abschluss
Diese Tour ist die anspruchsvollste der fünf, aber immer noch familientauglich – mit älteren Kindern ab etwa 10 Jahren. Start am Bahnhof Altenberg, wo es kostenlose Parkplätze gibt. Die Route führt zunächst nach Zinnwald – 9 Kilometer mit 280 Höhenmetern. Das klingt heftig, verteilt sich aber auf die Strecke. Die Steigung liegt meist bei 4-6 Prozent, nur ein kurzes Stück bei 8 Prozent.
In Zinnwald liegt die Grenze zu Tschechien, und wer mag, fährt noch 2 Kilometer rüber nach Cinovec. Dort gibt es günstigere Restaurants als auf deutscher Seite – ein Schnitzel mit Pommes kostet etwa 7 Euro. Von Zinnwald geht es nach Geising – 11 Kilometer, größtenteils bergab, was nach dem Anstieg eine Wohltat ist. In Geising steht die Kirche St. Nikolai, die von außen unspektakulär aussieht, innen aber erstaunlich schön ist. Kostet keinen Eintritt, 10 Minuten Besuch lohnen sich.
Der Rückweg nach Altenberg – 8 Kilometer – führt durch den Wald und ist technisch einfach. Gesamtstrecke: 28 Kilometer, 420 Höhenmeter, etwa 4 Stunden. Diese Tour ist ideal für Familien, die schon etwas Erfahrung haben und eine richtige Bergstrecke fahren wollen, ohne sich zu überfordern. Das Erzgebirge zeigt sich hier von seiner bergigen Seite, und die Aussichten sind teilweise spektakulär.
Was man wissen sollte, bevor es losgeht
E-Bikes ausleihen ist in der Region überall möglich – die Preise liegen zwischen 25 und 35 Euro pro Tag, Kinderräder kosten etwa 15-20 Euro. Die meisten Verleiher verlangen eine Kaution von 50-100 Euro, die man bar oder per EC-Karte hinterlegen kann. Wichtig: Die Akkus reichen bei voller Ladung für etwa 60-80 Kilometer in moderater Unterstützungsstufe. Wer die höchste Stufe durchgehend nutzt, kommt nur auf 40-50 Kilometer. Bei den hier beschriebenen Touren reicht eine Ladung problemlos.
Die beste Zeit für E-Bike-Touren im Erzgebirge ist Mai bis September. Im April kann es noch zu kalt sein, im Oktober regnet es oft. Juli und August sind zwar warm, aber auch voll – an Wochenenden sind die Radwege gut besucht. Wer es ruhiger mag, fährt im Juni oder September. Die Temperaturen liegen dann bei angenehmen 18-22 Grad, und die Landschaft ist entweder frühlingsgrün oder herbstbunt.
Verpflegung sollte man immer dabeihaben, auch wenn überall Einkehrmöglichkeiten sind. Zwei Liter Wasser pro Person sind Minimum, bei Hitze eher drei. Energieriegel oder Bananen für Kinder sind Gold wert, wenn die Motivation nachlässt. Ein Erste-Hilfe-Set gehört in jeden Rucksack – meist braucht man es nicht, aber wenn, dann ist man froh, Pflaster und Desinfektionsspray dabeizuhaben.
Anreise und Ausgangspunkte
Die Anreise ins Erzgebirge erfolgt meist über die A4 oder aus Richtung Dresden über die B170. Die Autobahnen sind gut ausgebaut, nur die letzten Kilometer im Gebirge führen über kurvige Landstraßen. Wer aus weiterer Entfernung kommt, sollte für die letzten 30 Kilometer nochmal 45 Minuten einplanen – die Strecken sind eng, und hinter Traktoren kann man schlecht überholen.
Parkplätze an den Startpunkten sind fast überall kostenlos, nur in touristischen Hotspots wie Oberwiesenthal wird manchmal eine Gebühr fällig – etwa 3-5 Euro pro Tag. Die Plätze sind aber ausreichend vorhanden, Platzprobleme gibt es selbst an Wochenenden selten. Wichtig: An den Parkplätzen gibt es meist keine bewachten Bereiche. Wertsachen sollten nicht im Auto bleiben.
Fazit: Machbar und schön
Das Erzgebirge ist keine spektakuläre Berg-Region wie die Alpen, aber genau das macht es für Familien interessant. Die Touren sind überschaubar, die Anstiege moderat, und überall gibt es Möglichkeiten zum Pausieren. Mit E-Bikes werden auch längere Strecken machbar, ohne dass die Kinder nach 10 Kilometern keine Lust mehr haben. Wer eine Region sucht, in der man entspannt radeln kann, ohne ständig Höhenangst oder Überforderung zu fürchten, ist hier richtig. Und am Ende des Tages haben alle das Gefühl, etwas erlebt zu haben – ohne komplett fertig zu sein.