
Eine verhaltensbedingte Kündigung ist eine ordentliche Kündigung aufgrund vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers. Das entscheidende Merkmal: Das beanstandete Verhalten muss steuerbar sein – der Arbeitnehmer kann sein Verhalten ändern, nutzt diese Möglichkeit aber nicht.
Diese Kündigungsart unterscheidet sich von personen- oder betriebsbedingten Kündigungen. Nach § 1 Abs. 2 KSchG muss sie sozial gerechtfertigt sein. Das bedeutet: Der Arbeitnehmer muss eine Vertragspflicht schuldhaft erheblich verletzt haben, sodass eine Weiterbeschäftigung unzumutbar wird. Die rechtlichen Hürden für Arbeitgeber sind bei verhaltensbedingten Kündigungen besonders hoch. Der folgende Artikel ersetzt keine Rechtsberatung, liefert jedoch einen allgemeinen Überblick über das, was Arbeitgeber im Hinterkopf behalten sollten.
So gut wie immer hilfreich: Eine rechtliche Beratung durch den Anwalt
Die rechtlichen Anforderungen an eine verhaltensbedingte Kündigung sind streng. Es muss eine erhebliche, schuldhafte Pflichtverletzung vorliegen, die das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachhaltig erschüttert hat. Nicht jeder Regelverstoß rechtfertigt automatisch eine Kündigung. Die Pflichtverletzung muss so schwerwiegend sein, dass dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann.
Eine Beratung durch Arbeitsrecht Anwalt ist aufgrund der komplexen rechtlichen Bewertung oft unverzichtbar. Fachliche Expertise hilft dabei, Erfolgsaussichten realistisch einzuschätzen. Die Bereiche zwischen zulässigen und unzulässigen Kündigungen sind schwer abgrenzbar. Sie erfordern eine fundierte Analyse der individuellen Umstände.
Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers
Bei verhaltensbedingten Kündigungen trägt der Arbeitgeber die vollständige Darlegungs- und Beweislast. Er muss konkret darlegen, welche Pflichtverletzung dem Arbeitnehmer vorgeworfen wird. Bei Bestreitung muss er das Vorliegen der behaupteten Pflichtverletzung beweisen. Zusätzlich muss er nachweisen, dass keine Rechtfertigungsgründe für das Verhalten vorlagen.
Diese umfassende Beweislast macht verhaltensbedingte Kündigungen zu einer rechtlichen Herausforderung. Arbeitgeber müssen daher bereits im Vorfeld sorgfältig dokumentieren. E-Mails, Protokolle oder Zeugenaussagen können, nicht nur im klassischen, sondern auch im digitalisierten Büro, entscheidend für den Erfolg einer Kündigungsschutzklage sein.
Wichtige Details zum Thema „Abmahnung“
Grundsätzlich ist eine Abmahnung vor der verhaltensbedingten Kündigung erforderlich. Die Abmahnung warnt den Arbeitnehmer und gibt ihm die Möglichkeit zur Verhaltensänderung. Sie ist normalerweise Voraussetzung für die negative Zukunftsprognose.
Nur bei besonders schweren Pflichtverletzungen kann auf eine Abmahnung verzichtet werden. Dies ist der Fall, wenn das Vertrauensverhältnis bereits durch die erste Pflichtverletzung so schwer erschüttert wurde, dass eine Abmahnung nicht zielführend erscheint. Beispiele sind Diebstahl oder Straftaten am Arbeitsplatz. Die Abmahnung muss inhaltlich korrekt sein und das beanstandete Verhalten präzise beschreiben.
Typische Beispiele verhaltensbedingter Kündigungsgründe
Es gibt viele Gründe, die eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen können.
- Diebstahl am Arbeitsplatz stellt einen schwerwiegenden Vertrauensbruch dar, der meist eine fristlose Kündigung rechtfertigt.
- Selbstbeurlaubung und unentschuldigtes Fehlen verletzen die Arbeitspflicht gravierend.
- Wiederholtes Zuspätkommen kann ebenfalls kündigungsrelevant werden, wenn es trotz Abmahnung fortgesetzt wird.
- Arbeitsverweigerung zeigt eine grundsätzliche Verweigerungshaltung gegenüber arbeitsvertraglichen Pflichten.
- Arbeitsunfähigkeitsvortäuschung untergräbt das Vertrauensverhältnis nachhaltig.
- Beleidigungen von Vorgesetzten oder Kollegen können das Betriebsklima stark beeinträchtigen.
Wichtig ist dabei die Einzelfallbetrachtung. Nicht jede dieser Handlungen führt automatisch zu einer wirksamen Kündigung. Die Umstände des Einzelfalls und die Verhältnismäßigkeit müssen stets berücksichtigt werden.
Soziale Rechtfertigung und Schutz vor ungerechtfertigter Kündigung
Das Kündigungsschutzgesetz bietet Arbeitnehmern wichtigen Schutz vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen. Nach § 1 Abs. 2 KSchG ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers bedingt ist.
Die soziale Rechtfertigung erfordert eine umfassende Interessenabwägung zwischen den Belangen des Arbeitgebers und den Interessen des Arbeitnehmers. Dabei spielen Faktoren wie Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter und familiäre Situation eine Rolle. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass die Kündigung das letzte Mittel darstellt. Mildere Maßnahmen wie Versetzung müssen zuvor geprüft werden.
Rechtliche Konsequenzen und Handlungsempfehlungen
Verhaltensbedingte Kündigungen unterliegen strengen rechtlichen Anforderungen mit hoher Beweislast für den Arbeitgeber. Eine sorgfältige rechtliche Prüfung ist daher unerlässlich. Arbeitgeber sollten:
- Pflichtverletzungen umgehend dokumentieren
- Rechtliche Beratung vor Kündigungsausspruch einholen
- Abmahnung und Prognoseprinzip beachten.
Gerade in der hybriden Arbeitswelt, in der sich Arbeitsort und -zeit zunehmend flexibilisieren, wird es für Arbeitgeber noch wichtiger, klare Regeln aufzustellen und deren Einhaltung nachvollziehbar zu dokumentieren.
Arbeitnehmer haben bei verhaltensbedingten Kündigungen gute Chancen auf erfolgreiche Kündigungsschutzklagen – das sind gerichtliche Verfahren gegen unrechtmäßige Kündigungen – wenn die rechtlichen Voraussetzungen nicht vollständig erfüllt sind.
Eine frühzeitige rechtliche Beratung kann beiden Seiten helfen, ihre Position realistisch einzuschätzen und angemessene Lösungen zu finden. Die komplexe Rechtslage macht deutlich, dass verhaltensbedingte Kündigungen einer fundierten juristischen Bewertung bedürfen.